Die Mechanismen und Funktionen des Pferdehufes


Diese Woche geht es weiter mit den Mechanismen und Funktionen des Barhufes!
Jeder Bereich des Hufes hat unterschiedliche eigene Aufgaben und Funktionen, die auch ineinander übergreifen bzw. in Zusammenhang mit anderen Funktionen stehen.
Somit ist es nicht immer möglich, jede Einzelfunktion absolut gesondert zu betrachten.


Widmen wir uns zuerst dem bereits oft erwähntem Hufmechanismus:

Bis heute gibt es verschiedene wissenschaftliche Theorien und Studien zur Detailfunktion. Wir betrachten hier nur die aktuelle, am weitesten verbreitete Theorie bzw. Beobachtung:
Die Verformung der Hornkapsel im hinteren Hufbereich nach außen.
Dabei wird bei Belastung des Hufes, also wenn das Gewicht des Pferdes auf Bein und damit auch den Huf übertragen wird, der hintere Teil der Hufwand im Trachtenbereich bis zur weitesten Stelle des Hufes in der Breite nach Außen gedehnt.
Natürlich wird dadurch auch eine Weitung der inneren Strukturen bedingt. Diese Bewegung der Strukturen nach Außen findet nur im Millimeterbereich statt und ist oft nur minimal bis gar nicht mit dem bloßen Auge erkennbar.


Der Hufmechanismus bedingt auch die Blutzirkulation im Huf selbst.

Normalerweise übernehmen das Muskeln über Dehnen und Zusammenziehen. Wie wir wissen, hat das Pferd vorne ab dem Karpalgelenk und hinten ab dem Sprunggelenk nach unten zum Huf hin keine Muskulatur.
Sehnen, Bänder und diverse andere Bestandteile benötigen für ihre Funktionen allerdings Durchblutung und die Blutgefäße verlaufen bis in den Huf hinein.
Nur wie kommt nun das Blut aus dem Huf wieder in Richtung Herz und erhält den Blutkreislauf am Laufen?
Durch die Ausweitung bei Belastung und das darauf folgende Zusammenziehen bei Entlastung in der Bewegung kommt eine Art “Pumpmechanismus” zustande. Dieser “übernimmt” quasi die Funktion des Muskels von Kontraktion und Expansion und “pumpt” das Blut wieder zurück Richtung Herz.
Deshalb wird umgangsprachlich auch von Hufen als zusätzliches Herz gesprochen.


Die Hufe dienen auch als Stoßdämpfer:

Hierbei spielen Hufe eine sehr entscheidende Rolle, denn sie verformen und bewegen sich bei jedem einzelnem Schritt.
Um den Druck bei Belastung zu verteilen und abzufedern, kann sich die Hornkapsel sowohl horizontal als auch vertikal ausdehnen und verengen.
Wie wir bereits wissen, wird im Moment der Belastung eines Pferdebeines das Gewicht über das Knochenskelett auf die innenliegenden Strukturen übertragen, die wiederum das Gewicht auf diverse Bereiche verteilen.
Um überhaupt eine stoßabsorbierende Wirkung zu entfalten, spielen nicht nur der Huf selbst, auch der Sehnen- und Bänderapparat eine tragende Rolle.
Die stoßdämpfende Wirkung wird also “nur” in letzter Instanz vom Huf übernommen.
Die abfedernde Mechanik schützt nicht nur die Gelenke der gesamten Vorhand bis in den Rumpf hinein, auch Muskeln, Sehnen, Bänder und sämtliche Strukturen werden mit einbezogen.
Es ist in seiner Gesamtheit ein ausgeklügeltes biomechanisches System, was allein durch sein Größen- und Gewichtsverhältnis (Hufgröße zu Pferdegröße und Gewicht) schon eine faszinierende Erfindung der Natur darstellt.


Auch als Tastorgan leistet ein Pferdehuf ganze Arbeit.

Im Moment des Bodenkontakts registrieren die feinen Nerven im Huf die Untergrundbeschaffenheit.
Diese Informationen werden vom Gehirn verarbeitet und für verschiedene Zwecke in der Folge benötigt:
Einerseits wird das Hufwachstum und seine Art gesteuert. Läuft das Pferd überwiegend auf hartem Boden, wird hartes und widerstandsfähiges Horn produziert.
Läuft es dagegen auf überwiegend weichem und eventuell matschigem Untergrund, wird auch eher weiches Horn produziert, da hier logischerweise die Info zur Produktion für hartes Horn fehlt.

Zum anderen werden Informationen zu Unebenheiten/Beschaffenheiten des Bodens (z. B. Steinchen, Temperatur, hart/weich, gerade/schief, etc.) registriert.
Die Körperbewegungen werden dadurch diesen Faktoren angepasst. Die Gelenke werden individuell stabilisiert und Körperhaltung sowie Balance angepasst.


Hufe als Gewichtsträger:

Die Belastung auf den Huf ist abhängig von mehreren Faktoren:
Dem Eigengewicht des Pferdes, der Geschwindigkeit und Art der Bewegung, dem Untergrund, der allgemeinen Gesundheit und dem Hufzustand.
Auch spielt das Größenverhältnis des Hufes zum Pferdegewicht eine sprichwörtlich tragende Rolle.
Allgemein kann man vereinfacht sagen, dass je härter der Untergrund/je höher das Gewicht/je schneller das Pferd, desto größer ist die Gewichtsbelastung auf den Huf und umgekehrt.
Diese Faktoren lassen sich wie Bausteine beliebig zusammensetzen.
Hinzu kommen noch individuelle Abhängigkeitsfaktoren wie z. B. allgemeiner Hufzustand, individuelles Empfinden des Pferdes usw.


Was hat nun der Huf mit ganzheitlicher Gesundheit des Pferdes zu tun?

Auch wenn der Huf ein eigenes System darstellt, ist er maßgeblich an diversen Prozessen des Körpers beteiligt.
Blutzirkulation, Stoffwechselprozesse, physische und psychische Gesundheit sind nur ein paar Faktoren dieses sehr komplexen Gesamtsystems.
Wenn nun einer oder mehrere Faktoren, im positiven wie im negativen Sinne, zusammenkommen, bedingt das wiederum eine Folge in oder an einem anderem Prozess im Körper.
Der Huf stellt quasi das Spiegelbild des Allgemeinzustandes des Pferdes dar und kann als Signalgeber für entgleiste Prozesse im Körper dienen.
Wenn man nun ein Problem am Huf feststellt, bleibt die Frage:
Henne oder Ei – was war zuerst da?
Also gibt es ein Problem irgendwo im Körper, oder hat tatsächlich der Huf alleine gerade ein Defizit (z. B. durch Verletzung)?
Zu 100% abgrenzbar ist das in komplexen Systemen nicht immer und selbst für sachkundige Fachleute manchmal schwer festzustellen.


Gerade deshalb ist es unabdingbar, sich selbst mit der Thematik zu befassen, sein Pferd lesen zu lernen und zur Abklärung auf jeden Fall einen guten Fachmann zu Rate zu ziehen!

Schaut auch gern in unsere anderen Blogthemen wie Anatomie oder auch Hufschuhe und Einlagen.


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